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Ein Beispiel für die ergebnisorientierte Methodenwahl, und somit für grobe Unwissenschaftlichkeit, ist der spontane Beschluß, um das Ergebnis zu ‚verbessern’, auch anders erhobene Daten hinzuzunehmen. Ausgang war die Absicht, die ausländischen Kraftfahrzeuge fotografisch zu dokumentieren. Aus Praktikabilitätsgründen (bewegliche Ziele sind schwerer zu treffen...) tat ich dies am 4.1.15 mit stehenden Objekten an der Raststätte Stillhorn (südgerichtet). Da die Fahrzeuge annähernd alternativlos bei der Weiterfahrt die Freie Flußzone überqueren, fand ich dieses dokumentarische ‚Fremdgehen’ durchaus vertretbar. Da aber auf der Raste eine Reihe von sehr seltenen Ländern vertreten war, notierte ich kurzerhand alle in dem Moment vertretenen Herkünfte (darunter Georgien und Zypern*) und fügte sie dem Datenpool hinzu (in der Grafik rot, mit dem erkennbaren Schub des Länderzuwachses). Übrigens ein schon öfter beobachtetes Fänomen: LKW aus weit östlich liegenden, selten anzutreffenden Ländern finden sich meist stehend und kaum fahrend<br> | Ein Beispiel für die ergebnisorientierte Methodenwahl, und somit für grobe Unwissenschaftlichkeit, ist der spontane Beschluß, um das Ergebnis zu ‚verbessern’, auch anders erhobene Daten hinzuzunehmen. Ausgang war die Absicht, die ausländischen Kraftfahrzeuge fotografisch zu dokumentieren. Aus Praktikabilitätsgründen (bewegliche Ziele sind schwerer zu treffen...) tat ich dies am 4.1.15 mit stehenden Objekten an der Raststätte Stillhorn (südgerichtet). Da die Fahrzeuge annähernd alternativlos bei der Weiterfahrt die Freie Flußzone überqueren, fand ich dieses dokumentarische ‚Fremdgehen’ durchaus vertretbar. Da aber auf der Raste eine Reihe von sehr seltenen Ländern vertreten war, notierte ich kurzerhand alle in dem Moment vertretenen Herkünfte (darunter Georgien und Zypern*) und fügte sie dem Datenpool hinzu (in der Grafik rot, mit dem erkennbaren Schub des Länderzuwachses). Übrigens ein schon öfter beobachtetes Fänomen: LKW aus weit östlich liegenden, selten anzutreffenden Ländern finden sich meist stehend und kaum fahrend<br> | ||
* Offenbar auch ein steuerlich günstiges Ausflaggungsland | |||
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Bei der anschließenden Auswertung per Hand kann die Fehlergeneigtheit einer solchen Tätigkeit betrachtet werden, manches habe ich korrigiert – manches auch nicht. Wer mag, kann nach Ausbesserungen und unkorrigierten Inkonsistenzen suchen. | Bei der anschließenden Auswertung per Hand kann die Fehlergeneigtheit einer solchen Tätigkeit betrachtet werden, manches habe ich korrigiert – manches auch nicht. Wer mag, kann nach Ausbesserungen und unkorrigierten Inkonsistenzen suchen. |
Revision as of 08:21, 15 March 2015
Die Freie Flußzone Süderelbe und das Fremdevon Jörg v. Prondzinski
Im Rahmen der Bekanntmachung der Freien Flußzone Süderelbe habe ich meinen Blick auf das Fremde gerichtet. Ich möchte hier zunächst versuchen, meine Motivation zur Wahl dieses Themas zu verdeutlichen. Die nachfolgenden Gedankensplitter mögen ein paar Lichter in die geistige Landschaft werfen, in der ich das Fremde sehe. Dieser Text ist als noch in der Entwicklung zu verstehen; Feedback ist willkommen. Das Fremde spielt in vielen Kulturen dieser Welt eine besondere Rolle. Einerseits kann es akzeptiert sein oder sogar als Bereicherung empfunden werden. Andererseits kann die eigene Gruppe und ihre Identität in Abgrenzung zum Fremden hervorgehoben werden. Dabei kann das Fremde soweit abgelehnt und verurteilt werden, daß es bekämpft wird – bis hin zu Vernichtungsaktionen. Natürlich gibt es auch die Möglichkeit, die Welt überhaupt nicht in fremd und eigen einzuteilen, sondern Menschen und Dinge unabhängig von ihrer Herkunft anzunehmen. Das aber gelingt offenbar nicht allen und dann wohl auch nicht in allen Situationen. Wann also wird das Fremde als böse empfunden, wann als gut – oder doch zumindest unterschiedslos akzeptiert? Wann löst es Impulse aus, es niederzukämpfen – und wann ist es die gern integrierte Bereicherung? Gibt es nachvollziehbare Kriterien für diese Entscheidung? Ist es einfach nur Gewöhnung? Eine Frage der Bildung? Welche Rolle spielen wirtschaftliche und politische Interessen bei Problematisierung und Akzeptanz des Fremden? Auf diese großen Fragen gibt es hier keine Antworten – sondern nur 3 ganz konkrete Aufnahmen von Fremdheiten in der Freien Flußzone Süderelbe. Ich betrachte
Im Gebiet der Freien Flußzone Süderelbe liegt das europaweit bedeutsame Naturschutzgebiet Heuckenlock. Es stammt bereits aus den 20er Jahren und war damals eine länderübergreifende Angelegenheit zwischen Hamburg und Preußen. Dem komplizierten Grenzverlauf zwischen den Staaten verdankt es überhaupt seine Existenz, denn die räumlich nächsten Bauern hatten kein Recht, die „in der Fremde“, also im Ausland liegenden Flächen zu nutzen, für die anderen war es zu umständlich zu erreichen, so daß sich die Landschaft hier weitgehend naturnah erhalten hat. Nun zum Fremden: Manchen Migrantinnen unter den Pflanzen wird ebenfalls unterstellt, daß sie einen schlechten Einfluß ausüben – besonders, wenn sie sich sehr schnell etablieren konnten, also erfolgreich sind. Sie werden dann fachsprachlich als ‚invasive Neophyten’ bezeichnet, oder sogar als ‚aggressiv’.
Derartig negativ identifizierte Arten werden auch schon mal mit Medienkampagnen überzogen – etwa wenn sie bei machen Menschen allergische Reaktionen auslösen (Beispiel: Beifuß-Ambrosie) oder Fotosensibilität auslösen können (Riesen-Bärenklau = Herkulesstaude). Selbst das Bundesamt für Naturschutz hat schon die Bevölkerung zu Vernichtungskampagnen gegenüber unliebsamen Ausländer*innen (unter den Pflanzen) aufgerufen. Wobei es dann geschehen kann, daß gutmeinende „Naturfreunde“, wenn ihre Artenkenntnis nicht hinlänglich ist, in die Flur ziehen und auch schonmal etwas m.o.w. Ähnliches ausreißen.
Einheimische Pflanzen, die negative Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben können, werden in der Regel nicht mit Ausrottungskampagnen überzogen. So habe ich noch nie von einem etwaigen Versuch gehört, die Birken in unserem Lande auszurotten – obwohl doch eine Reihe von Menschen auf ihre Pollen allergisch reagiert. Die (Ein)wanderungsgeschichte von Organismen ist jedenfalls eine ganz natürliche Sache. Unter den Pflanzen ist so einiges erfunden worden, was der Fernausbreitung dient: Samen mit Flugeinrichtungen oder guter Schwimmfähigkeit, die Wind und Wasser zum Ausbreiten in der Welt nutzen, hakige Verbreitungseinheiten, die sich im Tierfell (oder an menschlicher Kleidung) festheften, klebrige Samen, die an Hufen (oder Schuhen) kleben und natürlich leckere Früchte mit unverdaulichen Samen, die von den fruchtverzehrenden Tieren (oder Menschen) andernorts wieder ausgeschieden werden. Pflanzen sind also schon lange so schlau, Transportleistungen von Tieren zu erschleichen. Der Mensch hilft der Pflanze schon seit sehr langer Zeit. Früher waren es insbesondere Haustiere, die zwischen dem Weideland und den Vermarktungsorten oftmals Hunderte von Kilometern getrieben wurden und dabei Pflanzen verschleppten (der historische Ochsenweg querte die Elbe westlich der Freien Flußzone). Jetzt besorgen moderne Verkehrsmittel die Fernausbreitung von blinden pflanzlichen (auch pilzlichen und tierischen) Passagieren. Dabei werden die Organismen teilweise bewußt über Weltteile hinweg transportiert, um z.B. als Zierpflanzen kultiviert zu werden. Danach wird es nicht mehr lange dauern, bis ein*e Gärtner*in ihrer Pflanzen überdrüssig wird und sie irgendwo in die Landschaft kippt. Einigen Arten gelingt es, sich auf diesem Wege dauerhaft anzusiedeln. Oder sie schaffen es aus eigener Kraft, ihre Samen oder Ausläufer auch nach jenseits des Gartenzauns zu befördern. Nun zur konkreten ‚Problem-Art’: Zwar meiner Kenntnis nach nicht im Heuckenlock, aber doch in anderen Elb-Naturschutzgebieten, so auf der Insel Neßsand, hat es Vernichtungsaktionen gegeben: Eine größere Gruppe Freiwilliger zieht im Namen des Naturschutzes durch die Flur, reißt alle auffindbaren Springkräuter aus – und hängt sie kopfüber in die Bäume, um Wiederbewurzlung zu vermeiden. Ein makabres Bild: Die bösen Pflanzen erhängt, die guten als Kollateralschaden zertreten. Damit ist eine ideale Grundlage für die Neubesiedlung geschaffen. Häufig sind es gerade die Bekämpfungsmaßnahmen, von denen die inkriminierten Pflanzen profitieren. Darüber Literatur zu finden, ist allerdings schwierig, ein Beispiel (für eine andere ‚Problempflanze’, die Ambrosie) ist Egler (1961) in Poppendieck (2007). Auf Fachtagungen konnte ich mehrfach hören, daß ‚Problemarten’ ihre Problematik mit der Zeit ganz von selbst verlieren, unabhängig von eventuellen Bekämpfungsmaßnahmen, falls sich diese nicht sogar verzögernd auf diesen Prozeß auswirkten. Wobei natürlich zu sagen ist, daß die ‚Problematik’ immer eine von den sich äußernden Personen definierte ist, nicht aber ein den Pflanzen innewohnendes Wesen ist. Methodik
Ausländische Kraftfahrzeuge sind derzeit Thema, zumindest für die CSU und dank ihrer Koalitionszugehörigkeit auch allgemein im Lande. Die Fremdfahrzeuge sollen zu Sonderzahlungen veranlaßt werden. Immerhin geht es hier nicht um Ausmerzen oder ähnlich Radikales – Wirtschaftsverkehre und Tourismus sind offenbar doch zu heilige Paarhuferinnen, um ihre vollständige Verbannung erreichen zu wollen. Methode und Auswertung
Für die Auswertung habe ich ein etwas kompliziertes statistisches Verfahren gewählt. Zunächst stand ich an verschiedenen Tagen um den Jahreswechsel 2014/15 jeweils eine Zeitlang auf der Süderelbbrücke (die kurz zuvor von einem Schutenverband gerammt wurde, weswegen es Verkehrsbeschränkungen gab, die wiederum die Beobachtung erleichterten). Getrennt nach LKW, Bussen, Kleintransportern, PKW und Camping-Fahrzeugen habe ich nichtdeutsche Herkünfte erfaßt. Während der meisten Beobachtungszeit habe ich zusätzlich jeweils die deutschen Zulassungen gezählt, bis wieder ein ein fremdländisches Fahrzeug passierte, um den ‚Ausländeranteil’ zu ermitteln (das aber nicht nach Fahrzeugarten getrennt). Ein Beispiel für die ergebnisorientierte Methodenwahl, und somit für grobe Unwissenschaftlichkeit, ist der spontane Beschluß, um das Ergebnis zu ‚verbessern’, auch anders erhobene Daten hinzuzunehmen. Ausgang war die Absicht, die ausländischen Kraftfahrzeuge fotografisch zu dokumentieren. Aus Praktikabilitätsgründen (bewegliche Ziele sind schwerer zu treffen...) tat ich dies am 4.1.15 mit stehenden Objekten an der Raststätte Stillhorn (südgerichtet). Da die Fahrzeuge annähernd alternativlos bei der Weiterfahrt die Freie Flußzone überqueren, fand ich dieses dokumentarische ‚Fremdgehen’ durchaus vertretbar. Da aber auf der Raste eine Reihe von sehr seltenen Ländern vertreten war, notierte ich kurzerhand alle in dem Moment vertretenen Herkünfte (darunter Georgien und Zypern*) und fügte sie dem Datenpool hinzu (in der Grafik rot, mit dem erkennbaren Schub des Länderzuwachses). Übrigens ein schon öfter beobachtetes Fänomen: LKW aus weit östlich liegenden, selten anzutreffenden Ländern finden sich meist stehend und kaum fahrend *Offenbar auch ein steuerlich günstiges Ausflaggungsland Bei der anschließenden Auswertung per Hand kann die Fehlergeneigtheit einer solchen Tätigkeit betrachtet werden, manches habe ich korrigiert – manches auch nicht. Wer mag, kann nach Ausbesserungen und unkorrigierten Inkonsistenzen suchen.
3 Die Datenerhebung erfolgte durch Kassensturz einer innerhalb der Grenzen der Freien Flußzone Süderelbe befindlichen Barkasse (womit kein Wasserfahrzeug gemeint ist...) Alle nichtdeutschen Münzen wurden erfaßt und tabellarisch dargestellt. Um den Betrieb nicht zu sehr zu stören, habe ich den Anteil der ausländischen Münzen nur geschätzt, nicht ausgezählt. Beim ‚Silbergeld’ war gut jede 4. Münze fremder Herkunft, bei den größeren Cent-Stücken war der Anteil etwas geringer und beim ‚Kupergeld’ nochmals deutlich kleiner. Das dürfte Hinweise auf den Gebrauch des Münzgeldes in anderen Ländern geben und/oder über das Geldtransportverhalten der Reisenden. Der deutlich verringerte Ausländeranteil bei 1- und 2-Cent-Stücken dürfte abbilden, daß in anderen Euroländern die minderwertigsten Münzen weniger in Gebrauch sind, die Preise entweder glatter sind, oder doch wenigstens beim Bezahlen gerundet wird – Deutschland pfennigfuchst wohl am meisten. Eventuell wird vor der Fernreise auch das ballastreiche Kleinstgeld aussortiert, was in diesem Segment den Auswärtigenanteil zusätzlich kleinhält. Bei den Münzen könnte eingewandt werden, daß ihre Fremdheit nicht besonders stark ausgeprägt ist, da sie (bei genauer Betrachtung nur annähernd) identische Vorderseiten haben und ihre grenzüberschreitende Verbreitung geradezu zum Zwecke der europäischen Integration gewollt ist.
4 Dabei ist ein Gradient der „Problematik“ des Fremdseins zu beobachten. Pflanzenarten mit auswärtiger Herkunft werden – soweit sie als solche erkannt werden und zusätzlich mit Attributen wie aggressiv, allergieauslösend etc belegt werden – häufig Vernichtungsversuchen unterzogen. Oder theatralischer gesagt: Sie werden aufgrund ihres Böseseins mit der Todesstrafe belegt. (Was interessanterweise aber dem Vorkommen der inkriminierten Arten regelmäßig keinen Abbruch tut.) . Ausländischen Kraftfahrzeugen wird nicht mit derart drakonischen Maßnahmen begegnet. Aber daß sie deutsche Straßen abnutzen, ist der großen Politik in diesem Lande schon der Diskriminierung wert: Sie sollen gewissermaßen Strafgebühren für ihr Fremdsein bezahlen (was dann im Versuch, dies EU-rechtskompatibel zu machen, zu skurrilen Verrenkungen führt). Wenn es aber um nacktes Geld geht, ist die Herkunft ohne Bedeutung. Die Münzen sind gleichwertig, egal, in welchem Euroland sie geprägt wurden. Höchstens eine positive Diskriminierung ist zu erwarten: Wenn der seltene Euro aus Malta in der Sammeldose landet.
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6 (kurz gehalten – es soll dies keine wissenschaftliche Arbeit sein, sondern nur eine Anregung) Egler, F. E. (1961): Roadside Ragweed Control Knowledge, and its Communication between Science, Industry, and Society. – Recent Advances in Botany, Vol. 2. S. 1430-1435. Univ. Toronto Press
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